Die ersten Tage zu Hause, wie geht es weiter ?!

Ein kurzes Vorwort:

 

Als erstes zur Info, die zukünftigen Beiträge schreibe ich gemeinsam mit meiner Frau "Mone" (Simone), sie hilft mir bei der Formulierung der Sätze und sorgt dafür, dass sich alles gut lesen lässt. Das können Frauen einfach besser als Männer finde ich. Es kann manchmal etwas länger dauern, bis ein neuer Beitrag erscheint, weil es für mich oder auch für uns sehr viel Arbeit und Kraft kostet und wir uns leider beide aktuell noch mit anderen blöden Dingen auseinandersetzen müssen. 

 

Desweiteren werden wir in den kommenden Beiträgen nicht mehr Tageweise oder Wochenweise berichten, sondern über besondere Momente,  Arztbesuche, Einblicke in die Therapien, Erfolge und Niederschläge, besonders rührende Briefe und Nachrichten, die ich erhalten habe,  Tagesabläufe, aber auch über unsere ganz persönlichen schlimmen Zeiten, wie sich die Leute nach und nach abgekapselt haben, nur weil es schwierig wurde, weil ich oder wir nicht mehr so funktionierten wie früher, oder einfach wegen großem Unverständnis und Unwissenheit. Oder zum Beispiel ganz aktuell werden wir immer wieder mit Anzeigen und anderen Intrigen bombadiert, wo sogar die Behörden schon den Kopf schütteln, weil es einfach so lächerlich, unnötig und auch schon peinlich ist. Ob es an Corona liegt und die dadurch entstandene Unzufriedenheit und Langeweile der Menschen, wir wissen es nicht.

Für uns ist es mittlerweile kein Spass mehr, denn wir und besonders ich haben deswegen bereits starke gesundheitliche Probleme zusätzlich zu meiner Krankheit.

Wir sind wirklich unendlich dankbar für die Menschlichkeit,  die uns von den Behörden entgegen gebracht wird, dies wissen wir sehr zu schätzen.

Wir wissen auch wer dahinter steckt, leider gibt es ein Loch in der Kette, es sind Menschen, die eigentlich wissen wie krank ich bin, das macht es so viel schlimmer 😪 es geht jetzt seit über einem Jahr so, unfassbar und beängstigend,  wenn die wahren Charaktere einiger Menschen zum Vorschein kommen. Diese Menschen sollten sich schämen, sich als Gruppe zusammenzuschließen und einen kranken Menschen so dermaßen fertig zu machen. Eigentlich wäre es etwas für's Fernsehen. 

 

Aber nun habe ich schon fast zu viel erzählt, weiteres gibt es in den kommenden Beiträgen zu lesen, wir müssen erst rechtlich abklären, was wir hier veröffentlichen dürfen und was nicht. 

 

Und nun geht's weiter: 

 

Aus der Reha entlassen (in meinem Fall auf eigenen Wunsch), dies hört sich für Menschen, die sich mit dieser Krankheit nicht auskennen, erstmal so an, "ach mensch ja, dann geht es ihm ja wieder gut, das wird schon alles wieder"... 

 

Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Genau jetzt beginnt für mich der eigentliche Kampf, jeden Tag....

 

Damit ihr wisst, mit welchem Befund ich entlassen wurde, haben wir einmal in Kurzform alles zusammengefasst.

 

Entlassungsbefund der Reha vom 31.10.2018:

 

Herr Schröder wurde auf Tabletten eingestellt. Antiepileptika wurden ergänzt. 

Hemiparese gut rückläufig. Patient geht selbständig auf Stationsebene, schafft auch längere Wege im Hause und draußen und braucht kaum Hilfe. Allerdings noch deutliche Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwächen, Hinweis auf räumlich-konstruktive Störung. Bislang unklare Sehstörung mit Hinweis auf medialen Gesichtsfeldausfall des linken Auges. Noch deutliche aphasische Störung mit eingeschränktem Sprachverständnis, ausgeprägten Wortfindungsstörungen und Neologismen, wodurch die formulierten Sätze zum Teil sinnentstellt werden.

Krankheitseinsicht und Störungsbewusstsein noch nicht tragfähig, Gefahren werden noch nicht erkannt, Absprachefähigkeit verbessert, aber noch nicht verlässlich. Orientierung in bekannter Umgebung ausreichend. 

Wir entlassen Herrn Schröder auf ausdrücklichen Wunsch seiner Ehefrau, die die gesetzliche Betreuung innehat und unserer gegenteiligen Empfehlung, nämlich die intensive stationäre Behandlung fortzusetzen, nicht folgen konnte, da der Patient unbedingt nach Hause wolle und sein Gesamtzustand dadurch rückläufig wurde.

Herr Schröder bedarf unbedingt weiterer Physio- und Ergotherapie, sowie engmaschiger Logopädie. Er sollte neurologisch mitbehandelt werden.

 

Diese Worte haben es in sich und Mone hat mir auch erzählt, dass sie zu keinem Zeitpunkt wusste, ob es nun richtig ist, mich da so frühzeitig rauszuholen, aber ich kann ihr heute sagen, dass ich unendlich dankbar bin, dass sie meinem Wunsch gefolgt ist und mich nach Hause geholt hat.

Es war für mich das beste was mir in dieser Situation passieren konnte. 

 

Ich habe einen angefangenen Arbeitszettel von der Logopädie mitbekommen, den möchte ich euch gerne zeigen, damit ihr eine Vorstellung habt, wie durcheinander und kaputt vieles in meinem Kopf war. Dazu möchte ich sagen, ich war vor meinem Unfall ziemlich gut in Deutsch und hatte für einen Mann eine recht gute Schrift (hat man mir zumindest immer gesagt). 

Auf diesem Arbeitsbogen habe ich eine Schrift wie ein Erstklässler oder schlechter. Was ich krass finde, die Werkzeuge sind alle korrekt geschrieben. Schaut selber.....

 

 

Da saß ich nun mit meinen fast 50 Jahren und musste Aufgaben aus der Grundschule bewältigen, die ich zum Teil nicht mal schaffte. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was für ein Gefühl das ist, wenn man plötzlich fast nichts mehr kann. Nur wir Betroffenen unter uns verstehen wohl, wie scheiße es sich anfühlt. 

 

Ich habe die ersten Tage zu Hause viel geschlafen. Der Terminkalender war für die nächsten Wochen prall gefüllt mit Therapiestunden und Arztbesuchen. Damit hatte ich aber nichts zu tun, darum kümmerte sich Mone, sie war jetzt mein Gehirn, das hätte ich auch niemals alleine hinbekommen. So auch die Einnahme meiner Tabletten, jeden Morgen und jeden Abend musste ich haufenweise Tabletten einnehmen. Das war für mich besonders schlimm, denn ich hasste Tabletten. Vor meinem Unfall habe ich höchstens mal eine Voltaren genommen, wenn gar nichts mehr ging, sonst nichts. Aber ich hatte keine andere Wahl, ich musste diese ganzen Tabletten schlucken...

 

Ich weiß noch das Mone immer sagte, dass mich einige Leute gerne besuchen wollten, aber ich wollte am Anfang niemanden sehen, ich wollte nicht, dass mich jemand so sieht, so zerbrechlich, so behindert. Genauso wenig wollte ich mir die Haare und den Bart schneiden lassen. Das sollte jetzt erstmal so bleiben, bis ich selber bereit für alles war.

 

Nachdem wir das erstemal bei unserem Hausarzt vorstellig wurden, der mir Verordnungen ausfüllte, konnte ich mich ab jetzt voll und ganz auf meine Therapien konzentrieren. Denn ich wollte jetzt schnell wieder gesund werden, ich wollte wieder der alte Peter Schröder werden. Dass es ein Kampf gegen Windmühlen werden würde und ich niemals mehr so sein würde wie früher, das wusste ich da natürlich noch nicht. Und so hatte ich ein Ziel vor Augen, was die wichtigste Voraussetzung dafür war, voran zu kommen. 

 

An die ersten Therapiestunden kann ich mich nur vage erinnern. Zum Glück waren alle Therapien in einem Zentrum, so mussten wir nicht für jede Therapie woanders hinfahren. Ich hatte jede Woche jeweils 2 x Ergotherapie, 2 x Physiotherapie (ich sage nach wie vor "Turnen" dazu) und 2 x Logopädie. 

Bei den ersten Terminen, wo dann auch alle Daten und das Krankheitsbild aufgenommen wurden, war Mone mit dabei. Fragen, die mir gestellt wurden, haben wir gemeinsam beantwortet, weil ich mich oft nicht ausdrücken konnte, weil ich nichts verstanden habe oder mir Wörter nicht einfielen. Die für mich zuständigen Therapeutinnen waren alle sehr sehr nett und ich fühlte mich direkt gut aufgehoben. Ich weiss noch, daß ich bei der ersten Ergo-Stunde fast nur geweint habe.

 

Hier zu Hause verfolgte ich die Abläufe und  guckte mir alles an. Wie soll ich es beschreiben, ich wusste ich bin zu Hause, aber es fehlte mir das Gefühl zu Hause. Es wirkte alles so fremd irgendwie. Außer wenn ich im Stall bei den Tieren war, dann fühlte ich mich gut. In meinem Kopf war viel durcheinander, das konnte ich manchmal selber merken. Oft habe ich beim Erzählen geweint, obwohl ich das eigentlich gar nicht wollte, das regelte mein Gehirn von alleine. Man kann es gar nicht erklären, das Gehirn bestimmt einfach alles und ich hatte kaum Einfluss darauf. 

Wie die Festplatte bei einem Computer ist das Gehirn das wichtigste Organ beim Menschen. Es ist das Steuerzentrum für den Körper und Träger der Persönlichkeit. Ich merkte manchmal selber, wie wenig Kontrolle ich über mich und meinen Körper hatte, das machte mir in klaren Momenten wirklich Angst. 

 

Ich hoffe ich konnte euch ein wenig näher bringen, wie mein Zustand nach der Reha aussah. Weitere Einblicke gibt es in den nächsten Beiträgen.

 

 

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"Termin Neurochirurg und Augenarzt!"